Tafel 1: Grenze und Straße
Eine Grenze steht am Beginn der dokumentarisch belegten Geschichte des heutigen Landes Hessen:
der "Limes", der unter den Kaisern Vespasian und Domitian gegen Ende des 1. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung
mit Kastellen und Wachttürmen befestigte Grenzzug zum Schutz der römischen Garnisonen an Rhein und Donau, der
vom Mittelrhein durch Taunus und Wetterau, östlich des Odenwaldes am Main entlang, dann südwärts zum Neckar zog.
Gleichzeitig mit dem Grenzwall wurden Straßen gebaut, die Bergstraße, strada montana, und Verbindungsstraßen zu den
vorgeschobenen Stützpunkten. Sollte der Grenzzug gegen das Fremde, die außerhalb der Römerherrschaft lebenden Chatten
und ihre germanischen Bundesgenossen schützen, so führten die Straßen Soldaten und Händler aus allen Teilen des
Römerreichs ins befriedete Land im Schutz des Limes, wo sie sesshaft wurden.
Der Limes wurde schon nach zwei Jahrhunderten
von den andrängenden Germanenstämmen überrannt, auch wenn er als Scheidelinie innerhalb Hessens sehr viel länger
nachgewirkt hat. Die Straßen zur künftigen Königspfalz und Kaiserstadt Frankfurt und weiter nach Osten ließen Hessen
zum Durchgangsland für vielfältige Heer- und Handelszüge werden. Mehr als in anderen Regionen Deutschlands hat man hier
die Vorzüge und die Risiken der offenen Straßen kennengelernt. Die Grenzen der seit dem Spätmittelalter ausgeformten
Territorialherrschaften wurden letztlich ebenso überwunden wie der neue Grenzwall des nach 1945 an Werra und Rhön
errichteten "Eisernen Vorhangs", der des Reiches Straße, den alten Handelsweg von Frankfurt über Fulda und Erfurt
nach Leipzig nur zeitweilig unterbrochen hat. Der Rhein-Main-Flughafen ist Verkehrsmittelpunkt eines zunehmend
grenzfreien Europas.
Doch die Grenzen sind nur scheinbar verschwunden. Die Begegnung mit den Anderen, den Fremden
bleibt Herausforderung.
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