Tafel 13: Hexenwirklichkeit
Urgicht und Bekandtnus der alten Weberin Söhnleins Wolfs
(Textwiedergabe): Als itzt berürter alten Weberinnen Tochter Sara, Matthes Baders hinderlaßene Witwe,
sich den 10. Juli gegen Morgen von der Kette, daran sie gelegen, loßgefeilt und, sobald das Tor ufgangen,
darvon gemacht hat, man auf Niemand anders denken können, wer ihr die Feil zubracht haben möchte, als uf
ihren jüngsten Bruder Wolfen, welcher als ein kleiner Knabe, daruf man keine Achtung geben, bei ihr aus- und eingangen.
Die Familie Weber lebte offensichtlich am Rande der Gesellschaft: die Mutter war Magd im
Badehaus, ihre Töchter in Prostitution, Diebstahl und Mord verwickelt; Wolf musste desselbigen Tags, als
seine Mutter verbrennt sei worden, Brot betteln. Da der 10jährige sich vor andern Kindern nicht nur damit
gebrüstet hatte, daß er jedes Schloss öffnen könne, sondern auch bei einer Teufelshochzeit anwesend gewesen
zu sein, wurde er uffs Rathaus geführet, verhört und erzählte - nachdem er mit der Ruten mehr nit als drei
Streichs erhalten - mit allen Einzelheiten von einem Hexensabbat bei dem Grießheimer Brunnen bei Darmstadt.
(Textwiedergabe): Sein Mutter, die alte Weberin, hette ihnen kurz zuvor, ehe sie gefenglich eingezogen,
uf den Tanz bei dem Grießheimer Brunnen mitgenohmen, und were gegen Abent eine Kutsche mit einer schwartzen
Decken behenkt beim Riedstein alhier in der Stadt gestanden, gleichwohl keine Pferd dafür geweßen. Daruf hetten
sich sein Mutter, Stro-Ursel und die Dreieicherin gesetzt, und ihme bevohlen, er solte geschwind hernach eilen.
Damals hette der Pfortner einen Bauern von Arheiligen hinausgelaßen, mit dem wehre er auch hinaus kommen. Er wiste
aber nit, ob er danach gefahren oder gegangen, dann er schnell dagewesen, doch hette er seine Mutter schon da funden,
und wehre ein schwarzer Bub zu ihm kommen, der sich Fetterwusch genannt, und zu ihme gesagt, er sollte zu
seiner Mutter kommen.
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