Tafel 13: Hexenwirklichkeit
Ostern 1582 war auch die Dreieicherin, die Großmutter des 16jährigen Waisenmädchens Anne, hingerichtet worden. Nun
fiel der Verdacht auf das Mädchen. Eine andere verhaftete (und wahrscheinlich schon unter der Folter "geständige")
alte Frau ebenso wie Wolf Weber bezichtigten Anne der Teufelsbuhlschaft. Die 16jährige schweigt erst still und "gesteht"
dann mit einer Schwermut, die zeigt, dass sie ihr künftiges Schicksal ahnt. In ihrem Geständnis kommen alle Bestandteile
von Teufelshochzeit und Tanz item des Beischlafs vor. Die rituellen Mahlzeiten (bei denen stets das Brot fehlte und
das Fleisch bitter schmeckte) wie die Teufelsbuhlschaft ließen die Richter sich in allen Einzelheiten schildern. Sie
kannten die Details aus Büchern, die Ungelehrten aus Predigten, Spinnstubenerzählungen, aber auch aus dem Verlesen
der Urteile vor den Hinrichtungen.
Der Dreieicherin Tiehter [=Enkelin] Annen guetliche Bekantnus:
Nachdem der alten Weberin Sohn Wolf, desgleichen die alte Lenhardin, so geübter Zauberei halber alhier gefenglich
sitzt, in ihren Urgichten uf berurtes Medlein Annen bekannt, das es mit uf den Teufelstänzen gewesen und Hochtzeit
gehalten, hat man es am 12. Julii deswegen zur Red gesetzt und, als es leugnen wollen, vorgedachten Knaben und die
alte Lenhardin ihme dem Medlein under Augen gestelet, und sonderlich die Lenhardin das Medlein erinnert, ob sie
nit mit ihrer Elter-Mutter, der Dreieichern, und der Stro-Urseln und der alten Schneiderin bei Griesheim under
dem Brunnen uf einem Teufelstanz gewesen, und zum Wartzeichen hab sie, die Lenhardin, damals gesehen, wie junge
Teufel über einem Haufen gelegen und gezappelt, und als sie gefragt, was liegt dorten, hette Stro-Ursel darauf
geantwortet, es were die Braut, nemblich die junge Dreieichern. Hette gesehen, das die Teufel ihme, dem
Medtlein, ein Bruset aus dem Busen getzogen und es salva reverentia hinden und fornen geleckt.
Hiertzu schweigt das Medlein still, sagt endlich, als es des Stillschweigens halber gefragt wart, mit einer
Schwermut, "O Lenhardin, das nempt uf euer Pfand." Volgents aber, weil ihme der Knabe auch seine Wissenschaft
ins Gesicht gesagt, hat man es ufm Rathaus durch den Kelner und Schultheisen hiruf ferner fragen und darneben
zusagen laßen, wo es die Warheit bekennen würde, solte ihme von unserm gnedigen Fürsten und Herrn Gnade wiederfaren,
sonsten würde man die Ruten brauchen.
Darauf hats damals wie auch den andern Tag in der Güte der Teufelshochtzeit und Tanz, Item des Beischlafs gestanden.
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