Tafel 20: Heilende Frauen - strafende Männer?
Meist waren die Angeklagten aber wohl im Rathaus inhaftiert, aus dem der später ebenfalls hingerichtete Schneider Caspar Ruß
im November 1652 einen Brief an seine Frau herausschmuggeln ließ, der Leid, Verstörung und Hast des Schreibenden
deutlich ausdrückt:
Lieber Schatz ich kanns nit unterlasen euch zu schreiben, ... alles nichts als Weheklagen, da Wund über Wund ist,
so schreibe ich euch hiermit lieber Schatz meines gezwungenen Abfalls [von Gott], das ich durch Pein aussagen müssen,
darüber ich Reue und Leid trage in meinem kurzen Leben, so wahr mir Gott der Allmächtige das ewige Leben wird mitteilen,
daran ich gar keinen Zweifel trage.
[...] danach hätte ich das schwarz Ferkel umbracht, das uns starb, hätt Pulver auf Brot gemacht, es damit vergiftet,
aber erlogen; darnach ich ihr, der Teufelin, unser viel Geld müssen geben, werd ich wohl wissen, dass ich
kein Geld hinweggeben habe, ihr sonst wohl gespürt, ist erlogen, aus lauter Pein [...]
mich aber der Amtmann und Pfarrer wieder auf die Marterbank wollen haben, habe ich mich gewehret aber nichts helfen wollen, [...]
Und da der Teufel sie noch alle holen wird, als ich kein Zweifel trage und [ich] mußte sagen, der Teufel wäre an mich
geflogen wie eine Fliege [...], aber alles erlogen, aber wollte Gott was ich mit zauberisch Wesen behafft sein,
so wollte Gott, daß ich nach meinem Leben immer und ewiglich in der Welt umher mußte gehen und meinen Kopf in
meinem Hut vor mir hertragen, jedem Menschen zum Exempel
[...] und wollt ich wünschen, daß kein lebiger Atem aufs Rathaus kommen wär und besser dass es derenthalben ein
gross Straf über die Stadt ergehen muß [...]
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Und lieber Schatz tut ihr meiner Mutter alles gute wann ihr könnt, da sie mich nichts böses gelehrt hat,
Gott lob, ob ich sie schon zum Behelf genommen. [...] denn nur Velten Geyers selig Bekenntnis so eingefallen,
dass ich mich danach gereguliert habe [...] Hiermit lieber Schatz und liebe Kinder, hiermit Gott befohlen.
Caspar Ruß Euer Schatz
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