Tafel 19: Mitleidlose Gesellschaft - "Rechtliche Bedenken"
In einem anderen Fall wurde Margarete Neuendorf, die als Witwe eines Herborner
Schultheißen der städtischen Elite angehörte, der Zauberei beschuldigt.
Frau Neuendorf
weigerte sich erst einmal, den anderen Angeklagten, die auf der Folter ihren Namen genannt hatten,
gegenübergestellt zu werden, da ihr dies sozial nicht zumutbar sei. Ihre Kinder konnten
Verhaftung und Folterung verhindern. Der juristisch gebildete Schwiegersohn Philipp Mohr beruft
sich am 3. April 1630 in einer Eingabe an den Hochwohlgebornen Graven und Gnedigen Herrn ebenfalls
auf den Schutzschild der sozialen Ehrbarkeit: müssten sie doch aufgrund dieser Anklage gleichsam den
Huth in die Augen ziehen, da doch unser Vatter selig Gott sei Danck Uns bis in sein Grab einen
ehrlichen Namen hat hinderlaßen.
Der Prozess gegen Margarete Neuendorf wurde dann gar nicht
erst richtig eröffnet.
|